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Epilepsie-Forschung

Spezialisierte Zentren wie die Schweizerische Epilepsie-Klinik sind nicht nur mit der Diagnostik und Behandlung von Epilepsien befasst; sie beteiligen sich auch aktiv an der Erforschung der Epilepsie. Dies ist kein wissenschaftlicher Selbstzweck; die Epilepsie-Forschung trägt vielmehr direkt oder mittelbar zur Verbesserung der Patienten- und Patientinnenversorgung bei.

Zwei Arten von Forschungen können unterschieden werden:

  • Als klinische Forschung versteht man Untersuchungen, bei denen mit Hilfe wissenschaftlicher Auswertungsverfahren klinische Daten analysiert werden, die im Klinikalltag anfallen, ohne dass zusätzliche wissenschaftliche Versuche durchgeführt werden müssten. So kann man z.B. anhand von Datenvergleichen und statistischen Auswertungen Informationen darüber gewinnen, bei welchen Epilepsieformen welche Medikamente besonders erfolgreich sind. Auch kann man die Häufigkeit der verschiedenen Epilepsie-Ursachen oder die Bedeutung verschiedener EEG-Befunde für die Prognose der einzelnen Epilepsie-Formen und -Behandlungen ermitteln. Solche Auswertungen wirken oft direkt in die diagnostische und therapeutische Praxis zurück.
  • Als eigentliche wissenschaftliche Forschung sind hingegen Untersuchungen anzusehen, bei denen die Epilepsie als Modellerkrankung zur Erforschung bestimmter Hirnfunktionen verstanden wird. Aus Untersuchungen an Menschen mit Epilepsie können dann allgemeinere Erkenntnisse über die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns gewonnen werden. Dazu führt man mit dem Einverständnis der Patientinnen und Patienten zusätzliche Untersuchungen durch. Auf diesem Weg hat die Epilepsie-Forschung in den letzten Jahrzehnten wesentlich zum Verständnis höherer menschlicher Hirnfunktionen beigetragen.

Klinische und wissenschaftliche Forschung sind nicht immer klar getrennt. Manche Untersuchungen betreffen sowohl wissenschaftliche als auch klinische Gesichtspunkte. Ein Beispiel aus der Psychologie: Es ist bekannt, dass der Temporallappen des menschlichen Gehirns eine für die Gedächtnisbildung wichtige Struktur darstellt. Wenn man nun Menschen mit einer Funktionsstörung des Temporallappens, z.B. einer Temporallappenepilepsie, hinsichtlich bestimmter Gedächtnisleistungen untersucht und ihre Ergebnisse mit denen gesunder Personen vergleicht, so kann dies weitere wissenschaftliche Erkenntnisse über die Arbeitsweise des Gehirns bei der Gedächtnisbildung ergeben. Zugleich können diese Gedächtnisuntersuchungen direkt in der Behandlung genutzt werden, z.B. um das Risiko von Gedächtnisstörungen nach chirurgischen Eingriffen im Temporallappen abzuschätzen.

Aufgrund dieses doppelten Nutzens der Epilepsie-Forschung ist es stets sehr hilfreich, wenn unsere Patientinnen und Patienten uns erlauben, die bei ihren Untersuchungen und Behandlungen gewonnenen Daten auch für wissenschaftliche Auswertungen zu nutzen.